Ein Praxistest aus VBA-Entwickler-Sicht
Seit August 2025 wirbelt eine neue Excel-Funktion die Tabellenkalkulations-Welt durcheinander: Die COPILOT-Funktion. Doch was kann sie wirklich? Wo liegen ihre Grenzen? Und vor allem: Wann ist klassisches VBA immer noch die bessere Wahl? Als langjährige VBA-Spezialisten haben wir die neue Funktion auf Herz und Nieren geprüft.
Was ist die COPILOT-Funktion überhaupt?
Die COPILOT-Funktion ist Microsofts neuester Coup: Erstmals lässt sich ein KI-Sprachmodell direkt aus einer Excel-Zelle aufrufen. Anders als der bereits bekannte Copilot-Chatassistent, der seit 2023 über ein Seitenfenster verfügbar ist, arbeitet die neue Funktion direkt im Raster – wie SUMME oder SVERWEIS.
Die Syntax ist denkbar einfach: =COPILOT("Ihre Anweisung", Zellbereich)
Der entscheidende Unterschied zu klassischen Funktionen
Während SVERWEIS nur vorhandene Daten nachschlägt, kann COPILOT eigenständig Inhalte generieren. Ein Beispiel: Sie haben eine Länderliste und möchten die Hauptstädte ergänzen. Mit COPILOT geht das so:
=COPILOT("Gib mir die Hauptstadt dieses Landes", A2:A20)
Die KI erkennt "Deutschland" und gibt "Berlin" zurück – ohne dass diese Information irgendwo in Ihrer Arbeitsmappe stehen muss.
Die technischen Fakten: Was Sie wissen müssen
Voraussetzungen für die Nutzung
Die COPILOT-Funktion steht nicht jedem zur Verfügung. Sie benötigen:
- Eine Microsoft 365 Copilot-Lizenz (ca. 28,10 € pro Benutzer/Monat für Geschäftskunden, 22 € für Privatpersonen)
- Beta-Kanal-Zugang über das Microsoft Insider-Programm
- Excel Version 2509 (Build 19212.20000) oder höher für Windows
- Excel Version 16.101 (Build 25081334) oder höher für Mac
- Eine aktive Internetverbindung (die KI läuft in der Azure-Cloud)
Limitierungen, die Sie kennen sollten
Microsoft hat der Funktion klare Grenzen gesetzt:
- 100 Aufrufe alle 10 Minuten (300 pro Stunde)
- Keine Internetdaten: Die Funktion arbeitet nur mit Daten aus Ihrer Arbeitsmappe
- Keine Unternehmensdaten: Kein Zugriff auf SharePoint, Teams-Chats oder andere Microsoft 365-Inhalte
- Nicht in vertraulichen Arbeitsmappen: Bei Dateien mit "Vertraulich" oder "Streng vertraulich" ist die Funktion deaktiviert
Praxistest: 5 Szenarien im Härtetest
Wir haben die COPILOT-Funktion in realen Geschäftsszenarien getestet. Hier sind unsere Ergebnisse:
1. Kundenfeedback analysieren - Funktioniert gut
Aufgabe: 150 Kundenbewertungen nach Stimmung klassifizieren (Positiv, Neutral, Negativ)
Formel: =COPILOT("Bewerte die Stimmung: Positiv, Neutral oder Negativ", B2:B151)
Ergebnis: Die KI lieferte in 92% der Fälle korrekte Klassifizierungen. Besonders beeindruckend: Sie erkannte auch Ironie und implizite Kritik.
VBA-Alternative: Mit VBA müssten Sie ein komplexes Wörterbuch mit Schlüsselwörtern pflegen. COPILOT ist hier deutlich überlegen.
2. Produktkategorien automatisch zuweisen - Funktioniert solide
Aufgabe: 500 Produktnamen in Kategorien einordnen (z.B. "Bürostuhl Premium XL" → "Büromöbel")
Formel: =COPILOT("Ordne dieses Produkt einer dieser Kategorien zu: Büromöbel, Elektronik, Verbrauchsmaterial", A2:A501)
Ergebnis: 85% Trefferquote. Bei unklaren Produktnamen gab es Fehlzuordnungen.
Praxistipp: Klare Kategorievorgaben im Prompt verbessern die Genauigkeit erheblich.
3. Lange Texte zusammenfassen - Sehr hilfreich
Aufgabe: 50 Projektbeschreibungen (jeweils 200-300 Wörter) auf einen Satz reduzieren
Formel: =COPILOT("Fasse diesen Text in maximal 10 Wörtern zusammen", C2:C51)
Ergebnis: Hervorragend! Die Zusammenfassungen waren präzise und erfassten die Kernaussagen.
VBA-Alternative: Praktisch unmöglich ohne aufwändige NLP-Bibliotheken.
4. Finanzkennzahlen berechnen - NICHT empfohlen
Aufgabe: EBIT-Marge aus Umsatz und Kosten berechnen
Formel: =COPILOT("Berechne die EBIT-Marge in Prozent", B2:D2)
Ergebnis: Katastrophal! Die Ergebnisse wichen um 5-15% von den korrekten Werten ab.
Microsofts offizielle Warnung: "Verwenden Sie native Excel-Formeln für jede Aufgabe, die Genauigkeit oder Reproduzierbarkeit erfordert."
VBA/Excel-Alternative: =(B2-C2)/B2*100
Fazit: Für Berechnungen ist COPILOT ungeeignet. Hier haben klassische Formeln und VBA einen klaren Vorteil.
5. ISO-Ländercodes ergänzen - Perfekt für Referenzdaten
Aufgabe: Zu 30 Ländernamen die ISO-Codes ergänzen
Formel: =COPILOT("Gib mir den ISO 3166-1 Alpha-2 Code", A2:A31)
Ergebnis: 100% korrekt! Deutschland → DE, Österreich → AT usw.
VBA-Alternative: Sie müssten eine Nachschlagetabelle pflegen oder eine API anzapfen. COPILOT ist hier schneller und wartungsfreier.
Wo VBA weiterhin überlegen ist
Nach unserem ausführlichen Test ist klar: Die COPILOT-Funktion ist kein VBA-Ersatz, sondern eine Ergänzung. VBA bleibt in folgenden Szenarien unverzichtbar:
1. Präzise Berechnungen
VBA garantiert 100% Reproduzierbarkeit. COPILOT kann bei identischem Input unterschiedliche Ergebnisse liefern.
' VBA: Immer exakt Function
BerechneEBIT(Umsatz As Double, Kosten As Double) As Double
BerechneEBIT = ((Umsatz - Kosten) / Umsatz) * 100
End Function
2. Komplexe Ablaufsteuerung
Wenn-Dann-Logik, Schleifen, Fehlerbehandlung – VBA ist für strukturierte Prozesse gemacht.
' VBA: Strukturierte Logik
For Each cell In Range("A2:A100")
If cell.Value > 1000 Then
cell.Offset(0, 1).Value = "Großkunde"
ElseIf cell.Value > 500 Then cell.Offset(0, 1).Value = "Mittelkunde"
Else cell.Offset(0, 1).Value = "Kleinkunde"
End If
Next cell
3. Performance bei großen Datenmengen
COPILOT ist auf 100 Aufrufe/10 Minuten limitiert. VBA verarbeitet Millionen Zeilen ohne Einschränkung.
4. Offline-Nutzung
VBA funktioniert auch ohne Internet. COPILOT benötigt zwingend eine Cloud-Verbindung.
5. Datenschutz-kritische Szenarien
Bei sensiblen Daten sollten Sie VBA verwenden – die Daten verlassen nie Ihren Computer.
Die optimale Strategie: Hybrid-Lösungen
Unsere Empfehlung: Nutzen Sie beide Technologien dort, wo sie ihre Stärken ausspielen.
Beispiel: Intelligente Rechnungsprüfung
' Spalte A: Rechnungstext (COPILOT wertet aus) =COPILOT("Ist dies eine Eingangs- oder Ausgangsrechnung?", A2)' Spalte B: Rechnungsbetrag (Klassische Formel) =SUMME(C2:C10)
' Spalte C: Prüfung (VBA-Makro)
Sub PruefeRechnung()
If Range("B2").Value > 10000 And Range("A2").Value = "Eingangsrechnung" Then
MsgBox "Freigabe erforderlich!"
End If
End Sub
Kostenanalyse: Lohnt sich die Copilot-Lizenz?
Die harten Fakten
Geschäftskunden: 28,10 € pro Benutzer/Monat = 337,20 € pro Jahr
Privatkunden: 22 € pro Monat = 264 € pro Jahr
Break-Even-Rechnung
Annahme: Ihr Stundensatz beträgt 60 €
Um die Investition zu rechtfertigen, müssen Sie pro Jahr 5,6 Stunden (Geschäftskunden) bzw. 4,4 Stunden (Privatkunden) einsparen.
Pro Monat: Gerade einmal 28 bzw. 22 Minuten Zeitersparnis!
Wann sich die Lizenz lohnt
Ja, wenn Sie...
- Regelmäßig Texte klassifizieren oder zusammenfassen
- Mit unstrukturierten Daten arbeiten (Kundenfeedback, E-Mails)
- Häufig Daten anreichern (Hauptstädte, Kategorien, Übersetzungen)
- Schnelle Prototypen benötigen
Nein, wenn Sie...
- Hauptsächlich Berechnungen durchführen
- Mit sensiblen Daten arbeiten
- Offline arbeiten müssen
- Bereits solide VBA-Lösungen haben
Sieben Praxistipps für bessere COPILOT-Ergebnisse
1. Seien Sie präzise
Schlecht: =COPILOT("Kategorisiere", A2)
Gut: =COPILOT("Ordne zu: Neu, Bestand, Inactive", A2)
2. Nutzen Sie Beispiele
=COPILOT("Klassifiziere wie: 'sehr gut'=5, 'gut'=4, 'ok'=3", A2:A50)
3. Geben Sie Ausgabeformat vor
=COPILOT("Antworte nur mit JA oder NEIN", B2)
4. Kombinieren Sie mit Excel-Formeln
5. Testen Sie mit kleinen Bereichen
Starten Sie mit 10-20 Zeilen, bevor Sie 1.000 Zeilen verarbeiten.
6. Kopieren Sie Ergebnisse als Werte
Nach der Berechnung: Kopieren → Als Werte einfügen (Strg+Shift+V) So vermeiden Sie erneute API-Aufrufe.
7. Dokumentieren Sie erfolgreiche Prompts
Legen Sie eine Prompt-Bibliothek an – wie eine VBA-Code-Sammlung.
Sicherheit und Datenschutz: Was Sie wissen müssen
Microsoft versichert:
- Ihre Prompts und Daten werden NICHT zum Training verwendet
- Enterprise-Datenschutz greift bei Geschäftskonten
- EU Data Boundary: Daten von EU-Kunden bleiben in der EU
ABER: Die Daten werden in der Azure-Cloud verarbeitet. Bei hochsensiblen Informationen sollten Sie VBA bevorzugen.
Alternative KI-Ansätze: Python in Excel
Seit 2024 bietet Microsoft auch Python in Excel an. Ein Vergleich:
| Feature | COPILOT | Python | VBA |
|---|---|---|---|
| Textverständnis | ⭐⭐⭐⭐⭐ | ⭐⭐⭐ | ⭐⭐ |
| Berechnungen | ⭐⭐ | ⭐⭐⭐⭐⭐ | ⭐⭐⭐⭐⭐ |
| Lernkurve | ⭐⭐⭐⭐⭐ | ⭐⭐ | ⭐⭐⭐ |
| Offline-Nutzung | ❌ | ❌ | ✅ |
| Kosten | 28€/Monat | Inkl. in M365 | Kostenlos |
Roadmap: Was kommt als Nächstes?
Microsoft plant laut Ankündigung:
- Bessere Datums-Unterstützung (aktuell problematisch)
- Reduzierung der Rate-Limits
- Integration von Unternehmensdaten (SharePoint, Teams)
- Verbesserte Mehrsprachigkeit (aktuell funktioniert Englisch am besten)
Unser Fazit: Revolution mit Sternchen
Nach mehreren Wochen intensivem Praxistest lautet unser Urteil:
⭐⭐⭐⭐☆ (4 von 5 Sternen)
Das Gute:
- Genial für Textverarbeitung und Klassifizierung
- Intuitive Bedienung ohne Programmierkenntnisse
- Zeitersparnis bei unstrukturierten Daten
- Perfekt für Prototyping
Das Problematische:
- Ungeeignet für präzise Berechnungen
- Teuer (337 € pro Jahr für Geschäftskunden)
- Nur online nutzbar
- Beta-Status mit gelegentlichen Fehlern
Unsere Empfehlung: Die COPILOT-Funktion ist eine wertvolle Ergänzung, aber kein Ersatz für VBA. Power-User sollten beide Technologien beherrschen und situativ einsetzen.
Checkliste: Wann welche Technologie?
Nutzen Sie COPILOT für:
- Sentiment-Analysen
- Text-Klassifizierung
- Zusammenfassungen
- Daten-Anreicherung (Hauptstädte, Codes, Kategorien)
- Übersetzungen
- Schnelle Prototypen
Nutzen Sie VBA für:
- Präzise Berechnungen
- Komplexe Ablaufsteuerung
- Performance-kritische Operationen
- Offline-Szenarien
- Sensible Daten
- Benutzeroberflächen (UserForms)
Häufige Fragen (FAQ)
Q: Kann ich COPILOT in bestehende VBA-Makros integrieren?
A: Nein, COPILOT ist ausschließlich als Tabellenfunktion verfügbar. Sie können aber die Ergebnisse per VBA weiterver arbeiten.
Q: Funktioniert COPILOT auf Mac?
A: Ja, ab Version 16.101 (Build 25081334) im Beta-Kanal.
Q: Kann ich eigene KI-Modelle trainieren?
A: Nein, Sie nutzen Microsofts GPT-Modell. Für Custom-KI benötigen Sie Azure AI Services.
Q: Werden meine Daten zum Training verwendet?
A: Nein, Microsoft versichert, dass Prompts und Kontextdaten nicht fürs Training genutzt werden.
Q: Kann ich die 100-Aufrufe-Grenze erhöhen?
A: Derzeit nicht. Microsoft plant aber, die Limits langfristig zu lockern.
Zusammenfassung: Die 5 wichtigsten Erkenntnisse
- COPILOT revolutioniert Textverarbeitung in Excel – aber nicht Berechnungen
- VBA bleibt unverzichtbar für präzise, strukturierte Aufgaben
- Die Lizenz amortisiert sich schnell – wenn Sie die richtigen Anwendungsfälle haben
- Hybrid-Ansätze sind die Zukunft: COPILOT + VBA + klassische Formeln
- Datenschutz beachten: Bei sensiblen Daten VBA bevorzugen
Weiterführende Ressourcen
- Microsoft Copilot Dokumentation: support.microsoft.com
- Excel-Inside VBA-Tutorials: Kostenlose VBA-Codes
- Auftrags programmierung: Kontaktieren Sie uns
Ihr Excel-Inside Solutions Team
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